EU-Projekt:
Bürger aus den Benelux-Staaten
als NS-Verfolgte im Zuchthaus Hameln 1942-1945
Piet Mathijssen
Nachruf auf Piet Mathijssen für die Dewezet
1. April 2020
Piet Mathijssen (geb. 1922) wurde als junger Mann in den Niederlanden wegen Widerstands gegen die deutschen Besatzer zum Tode verurteilt. Er durchlief mehrere deutsche Zuchthäuser und kam am 2. November 1944 mit einer Gruppe von Niederländern ins Zuchthaus Hameln.
Seine Gruppe war auf engstem Raum untergebracht; die Verpflegung wurde immer schlechter, die Heizung fiel aus. Piet Mathijssen erzählt, dass an seinem Geburtstag am 26. Januar jeder ein Stückchen von seinem Brot abbrach, so dass er praktisch zwei ganze Schnitten hatte: Es war kein größeres Geschenk denkbar. Er magerte stark ab und bekam die Krätze. Das Sterben eines Mitgefangenen machte einen tiefen Eindruck auf ihn.
Über allem lag die Angst, von Hameln nach Wolfenbüttel transportiert zu werden. Dort wurden die Todesurteile vollstreckt. Der Bombenangriff auf den Hamelner Bahnhof am 3. April verhinderte den Transport.
Den Todesmarsch von 400 Zuchthausinsassen nach Holzen am 5. April, unmittelbar vor dem Einmarsch der Amerikaner, hat Piet Mathijssen nur mit Mühe überlebt. Den ersten Amerikaner, den er sah, umarmte er und konnte nur sagen: „I am happy, happy! My good friend!“. Ein nicht zu beschreibendes Glücksgefühl überfiel ihn. Nach langem Lazarettaufenthalt war er erst am 2. Juni mit seiner Familie wieder vereint.
Das erste Mal nach dem Krieg kam Piet Mathijssen 2012 wieder nach Hameln, um mit einem Filmteam und seiner Enkelin Mare den Film „Nacht und Nebel“ zu drehen, die Geschichte seiner Verhaftung, des Prozesses, der Zeit im Zuchthaus Hameln und des Todesmarsches nach Holzen.
Seitdem datiert die Bekanntschaft, ja Freundschaft mit Bernhard Gelderblom. Piet Mathijssen wurde für den Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte zu einem der wichtigsten Zeitzeugen bei der Erforschung des Zuchthauses Hameln.
Auf Einladung des Vereins kam Piet Mathijssen 2013 zu einem ausführlichen Besuch nach Hameln. Auf dem Programm standen ein Besuch im Einstein-Gymnasium, das Lager in Holzen, ein Empfang durch die Stadt und ein Gesprächsabend mit Hamelner Bürgerinnen und Bürgern.
Piet Mathijssen hat von dem tiefen Leid gesprochen, das er erfahren hat, aber er hat nie einen Gedanken an Rache geäußert und nie „die Deutschen“ pauschal verurteilt.
Am 25. März 2020 ist Piet Mathijssen im Alter von 98 Jahren verstorben.

Piet Mathijssen am 2. September 2013 im Einstein-Gymnasium
Programm des Besuches von Piet Mathijssen
und seines Sohnes Eugène aus Roosendaal, Niederlande,
in Hameln vom 10. bis 13. September 2013
Dienstag, 10. September
Anreise im Laufe des Nachmittags
Mittwoch, 11. September
Vormittags: Besuch der Stätten der Verfolgung in Hameln:
ehemaliges Zuchthausgebäude
Gräberfeld auf dem Friedhof am Wehl
Nachmittags: Fahrt entlang der Route des Todesmarsches nach Holzen
Donnerstag, 12. September
11.00 Empfang durch Frau Bürgermeisterin Wehrmann im Hochzeitshaus
13.50-15.20 Gespräch mit Schülerinnen und Schülern des Albert Einstein-Gymnasiums
19.00 Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern im Haus der Kirche am Pferdemarkt
samt Uraufführung der deutschen Fassung des Films „Nacht und Nebel. Het verhaal van mijn Opa“ (Die Geschichte meines Großvaters)
Freitag, 13. September
10.00 Pressegespräch
Abreise im Laufe des Vormittags

Piet Mathijssen mit seinen Eltern
nach der Befreiung 1945 in Roosendaal
(Foto Piet Mathijssen)



Nach Abschluss der Dreharbeiten zum Film „Nacht und Nebel“ in Hameln: links: Astrid van Unen,
Mehmet Ülger, Enkelin Mare Mathijssen, Piet Mathijssen, Bernhard Gelderblom
Rechts: Bei der Uraufführung des Films „Nacht und Nebel“ in Roosendaal am 5. Mai 2012:
von links Truus, Piet und Mare Mathijssen (Fotos Gelderblom)

Interview mit den Autoren in seiner Wohnung in
Roosendaal im April 2013 (Foto Gelderblom)
Besuch von Piet Mathijssen und seines Sohnes Eugène aus Roosendaal, Niederlande, in Hameln vom 10. bis 13. September 2013



Mit seinem Sohn Eugène beim Besuch des ehemaligen Zuchthauses, auf dem Gräberfeld der Zuchthaus-
toten auf dem Hamelner Friedhof Am Wehl, auf den Resten des Zuchthauslagers im Ith bei Holzen
(Fotos Gelderblom)


Abendessen mit dem Vorstand des Vereins für regionale Kultur- und Zeitgeschichte,
von links Cobie van der Molen, Piet Mathijssen, Olaf Piontek, Dagmar Köhler, Heinz Engelhard,
Bernhard Gelderblom, Eugène Mathijssen (Fotos Gelderblom)



Empfang durch Frau Bürgermeisterin Wehrmann im Hochzeitshaus
(Fotos Gelderblom)


Gespräch mit Schülerinnen und Schülern des Albert Einstein-Gymnasiums
(Fotos Kiel)


Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern im Haus der Kirche am Pferdemarkt samt Uraufführung
der deutschen Fassung des Films „Nacht und Nebel“ (Fotos Gelderblom)
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